Berichte aus den Vereinen

„Leinen los – volle Fahrt voraus“

2023-12-06_Musikzug Klein-Umstadt_Solistin
Beim emotionalen „My Heart Will Go On“, berühmt durch den Film „Titanic“, war die 15jährige Finja Bolitsch als Solistin am Altsaxofon mit einer großartigen Leistung zu hören.

Mit einer Reise über die Meere begeisterte der Musikzug Klein-Umstadt beim Jahreskonzert 

 

Auf hohe See begab sich musikalisch der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Klein-Umstadt. Bei seinem großen Jahreskonzert in der Stadthalle spielte das gut 50-köpfige Orchester auf außerordentlichem Niveau Bekanntes und weniger Gehörtes und präsentierte dabei einen breiten Querschnitt vom sinfonischen Monumentalwerk bis zum so genannten Shanty Rock.

Unter dem Motto „Leinen los – volle Fahrt voraus“ war das Publikum eingeladen, sich gemeinsam mit dem Musikzug auf große Fahrt über und unter das Meer zu begeben und die Welt von mystischen Meerwesen, dem weißen Wal Moby Dick oder den berühmten Piraten der Karibik zu entdecken.

Dabei vergaß der Moderator des Abends, Jannik Eckhardt, welcher im bewährten Team mit Michelle Kalbfleisch durch den Abend führte, auch nicht, auf 70 Jahre Musikzug Klein-Umstadt hinzuweisen: „Eine bewegte Geschichte von der Gründung 1953 als Spielmannszug bis hin zum erfolgreichen symphonischen Blasorchester 2023.“

„Anker gelichtet“ hieß es zunächst mit einem schwungvollen Marsch zur entsprechenden Einstimmung auf einen wunderbaren Abend voll verschiedenster Klangerlebnisse. Filmmusik stand ebenfalls hoch im Kurs bei dem Programm, für welches der großartige Dirigent Daniel Gerbig verantwortlich zeichnete. Er war es auch, der seinen Musikern das 20-minütige Stück „Of Sailors and Whales“ zutraute, die dieses grandiose Werk mit dem Schwierigkeitsgrad „Höchststufe“ dann zu einem einmaligen, ganz und gar ungewöhnlichen Hörerlebnis machten. In fünf Sätzen stellt die bläserisch sehr anspruchsvolle Komposition von Francis McBeth von 1989 die Hauptcharaktere des bekannten US-Romans aus dem Jahr 1851 „Moby Dick“ von Herrmann Melville vor.

Die schicksalhafte Fahrt auf dem Walfangschiff „Pequod“, der blinde Hass des Kapitäns Ahab auf den weißen Pottwal Moby Dick, die atemberaubende Verfolgungsjagd, schließlich Todesangst - um dem Publikum die Dramatik des Stückes noch besser näher zu bringen, wurde vor jedem Satz eine kurze Geschichte zu jedem einzelnen Charakter aus dem Hintergrund von Peter Dyroff erzählt. Das Stück stelle eine der anspruchsvollsten Kompositionen dar, die der Musikzug jemals auf die Bühne gebracht habe, erläuterte Jannik Eckhardt. Im dritten Teil wurde sogar das Orchester selbst zu einem mehrstimmigen Chor. Hierfür hatte man Unterstützung vom Chor „Triangel“ aus Kleestadt erhalten. Alles unter der Leitung von Ulrike Mühlhahn, die den Gesangspart mit den Musikern akribisch einstudiert hatte und nun beim Konzert zusätzlich mit einigen Sängerinnen aus ihrem Chor unterstützte.

Ein erwartungsvolles Publikum in einem gut besuchten Konzert wurde mit diesem atemberaubenden Höhepunkt belohnt. Mit den Jahren hat sich das Klein-Umstädter Orchester beständig und immer weiter steigern können, sein musikalisches Spektrum mit attraktiven Konzertprogrammen erweitert, nicht zuletzt durch den hervorragenden Daniel Gerbig kontinuierlich zu Höchstleistungen angespornt. Einmal mehr bewies er auch hier, mit diesem Repertoire, dass seine Musiker nicht nur gefördert, sondern auch gefordert werden müssen, und sie voller Spielfreude sich auch auf manche Herausforderung offensichtlich gern einlassen. „Daniel, wir sind froh, dass wir dich haben“, betonte daher auch Musikzugleiter Werner Krebs in seiner Dankesrede.  

Eher entspannt, verspielt fast und leicht kam dann der vom Mexikaner Juventino Rosas komponierte, so bekannte wie erfolgreiche Walzer „Über den Wellen (Sobre las Olas)“ in einem Arrangement von Simon Feder daher. Die raue Schönheit des Meeres, die Abenteuerlust der Seeleute und die Weite des Ozeans spiegelten die „Sea Songs“ wider, eine meisterhaft arrangierte Zusammenstellung von traditionellen englischen Seemannsliedern. Jeder Ton erzähle eine Geschichte von der stürmischen See und den furchtlosen Männern, die sich auf ihr bewegen, erklärte dazu Michelle Kalbfleisch.

Die musikalische Reise wurde fortgesetzt mit dem zeitlosen Meisterwerk "My Heart Will Go On" von James Horner, arrangiert von Richard Saucedo. Dabei war die 15 Jahre alte Finja Bolitsch als Solistin am Altsaxofon zu erleben. Das Stück, so die Moderatorin, sei nicht nur ein Lied, sondern eine emotionale Reise durch die Wellen der Romantik. Es wurde berühmt durch den Film „Titanic“ und verzaubere seitdem die Herzen vieler Menschen weltweit.

Noch einmal richtig Fahrt auf nahm das Orchester nach diesem bewegenden Stück, um das Medley „Santiano - Rock von der Küste“ zu präsentieren. Es umfasste einige der bekanntesten Stücke von Santiano, darunter „Alle, die mit uns auf Kaperfahrt fahren“ und „Es gibt nur Wasser“. Die Mischung aus maritimen Klängen und modernem Rock verleiht diesem Medley eine besondere Energie und wird auch als Shanty Rock bezeichnet.

Ein maritimes Ständchen nach dem anderen fand tosenden Beifall an diesem spannenden Abend, so auch die sinfonische Suite zum Film „Fluch der Karibik“, schwungvoll, erhaben, mächtig. Nach dieser unvergesslichen, musikalischen Reise über die Meere schien das Publikum noch lange nicht nach Hause zu wollen, sich stattdessen weiter von der Vielfalt und Energie der Darbietungen mitreißen lassen. Nicht nur die fröhlich-vergnügte Zugabe „Under the Sea“ wurde begeistert bejubelt. Dieses Stück, das auf den Meeresgrund entführt, ist vielen als Teil des Soundtracks des Disney-Klassikers „Arielle, die Meerjungfrau“ bekannt. So wie damit die bunte Unterwasserwelt musikalisch zum Leben erweckt wurde, so stießen weitere geforderte Zugaben um Wind und Wellen, aus der Welt der Seeleute und Wasserwesen auf anerkennenden Beifall. Standing Ovations ein ums andere Mal, eine hoch verdiente   Ehrerbietung an das große Orchester des Musikzugs, der laut Ankündigung auch bald schon wieder über ein neu gegründetes Jugendorchester verfügen wird.

Dorothee Dorschel